Gilmar, die Katze, hat den Ball gefangen,
wirft, Santos nimmt die Kugel aus der Luft,
paßt zu Bellini, der zwei Schweden blufft,
die pfeilschnell pressend vorwärts drangen.
Er läßt sie einfach stehn wie Bohnenstangen.
Links stürmt Zagallo vor mit eleganter Wucht,
gestrecktes Bein, der Angriff ist verpufft.
Der Selecâo scheint die Lust vergangen.
Doch Schwedens Freude wehrt nicht allzu lange.
Halbrechts hat Zito Didi starten sehn,
Orlando winkt, es droht die Flügelzange,
gleich wird Garrincha durch die Deckung gehn.
Vava fintiert, da ist jetzt was im Schwange,
Schuß Pele: Tor! So (!) spielt man mit System.
Da sind die Knüppler, ein Dreierwall aus Knochen.
Auf Stollenstahl dräun Picci, Tagin und Bedin.
Sie tanzen Polka auf Benficas Knien,
so manches wird dabei zerbrochen.
Entkommt mal wer, auch das sei angesprochen,
lauert Facchetti, läßt keinen kampflos ziehn,
am Elferpunkt, kurz vor dem Keepergreen,
grätscht er Eusebio mehrfach aus den Socken.
Nun spielt Mazzola, Künstler unter Inters Recken,
auf Suarez, den Meister schierer Niedertracht.
Der läßt sich gern von jedem Lufthauch niederstrecken.
Kaum pfeift der Schiri, steht er, paßt und lacht.
Schickt Corso steil, tritt hundsgemeine Ecken.
Ach ja, Jair hat dann das Tor gemacht.
Meier wankt nicht, Katsche hält die Stellung,
der Terrier beißt sich wieder einmal fest,
Franz spielt enorm, the Kaiser at his best,
und Held läuft rund wie auf Bestellung.
Höttges verdrängt am Eisenfuß die Schwellung.
An diesem Tag braucht keiner ein Attest,
an diesem Tag kriegt Englands Team den Rest.
Heut kreiselt hier die Ramba-Zamba-Innung
Netzer drängt aus Regendunst und tiefem Raum,
im Rausch reißt´s Heynkes wie Herrn Bohrer mit.
Das Duo Breitner/Wimmer ist ein Traum.
Den Hoeneß sah man selten mal so fit.
Und vorn im Sturzflug auf den Wembleyflaum,
macht Müller bumm, das ist ja sein Beritt.
Es heißt, der Ball ist hohl, der Ball hat keine Seele,
Einspruch! Verkannt wird da der runde Ball.
Kurz, ohne Ball geht gar nichts, auf gar keinen Fall,
fragt Cruyff, fragt Seeler oder fragt den Pele.
Warum ich das so offensiv erzähle?
Sind wir nicht fehl am Platz ganz ohne Ball,
der wie die Frau ist, weich und zugleich prall?
Unheimlich düngt mich diese Parallele.
Beides wird schlaff zu Zeiten, ohne rechte Pflege,
beides scheint rätselhaft und zugleich schlicht.
Manchmal am Samstag kommen sie sich ins Gehege.
Vertiefen wollen wir das aber lieber nicht,
eh ich mich hier um Kopf und Kragen rede,
vor allen Frauen, wenn nicht gleich vorm Weltgericht.
Der Stopper tot, der Läufer längst begraben,
den Libero hat man nicht mehr gesehn,
leer die Außenposten, was ist da geschehn?
wo sind all die Männer? Fragen über Fragen.
Sie, deren Künste alles überragen,
die keinen Meter mehr als nötig gehen,
den Gegnern Knoten in die Beine drehen,
die, wo Wahn und Genius in sich tragen.
Sie wurden kaltgepresst in Viererketten,
Verrückt zu Reihen, abgeschafft, ade,
das kommt nicht wieder, darauf kann man wetten.
ja, ich bekenn´s, es tut ein bißchen weh,
statt homo ludens wirkt in Wettkampfstätten,
Systemzwang nun und Geld und Kirch, ach nee.
1. d4 c5
2. c4 cxd4
3. Sf3 e5
4. Sxe5 Da5+ (schachmatt)
Michael Quasthoff